Redaktion - Dienstag, 10. Juni 2025, 14:15 Uhr.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck ist der Überzeugung: „Wir werden im Kirchesein gerade wieder zurückgeführt an den Ursprung.“ In seiner Pfingstpredigt ging er ausführlich auf Veränderungsprozesse in der Kirche ein, gerade auch im Bistum Essen.
Man könne „aus den evangelikalen Bewegungen des Kircheseins, vor allem in Lateinamerika, in Afrika und Asien, viel lernen“, betonte Overbeck. „Eine Unmittelbarkeit zu Jesus Christus, dem Auferstandenen, selbst entsteht auf eine neue Weise, die uns das Kirchesein von innen neu sehen und leben lernt und lehrt.“
„In unserem Bistum wissen wir durch die vergangenen Jahrzehnte, wie wichtig es immer wieder ist, neue Schritte dieses Kircheseins zu erkennen, zu gehen und zu leben“, so der Bischof. „In der Mitte des Interesses selbst stehen immer wieder viele Veränderungsprozesse, die uns darauf hinweisen, dass sich das Gesicht der Kirche immer wieder verändert. Wir erleben das traurige und auch schmerzhafte Abschiednehmen von einer Kirchengestalt, deren Grundlage nach der französischen Revolution und den napoleonischen Umwälzungen im frühen 19. Jahrhundert gelegt wurde.“
„Allein in den letzten Jahren haben wir gesehen, wie sehr sich das unsere Kirche tragende Gemeinde- und Pfarreibild verändert und verschiebt“, fuhr Overbeck fort. „Es zeigt sich zudem an den Phänomenen einer postsäkularen Zeit, in der die Religion und der Glaube in unserer Gesellschaft zu einem Akt der Freiheit des einzelnen und der Gemeinschaften geworden ist, nicht mehr vor allem von gewöhnlichen Traditionen, Familienlogiken und auch den Selbstverständlichkeiten einer sozial-soziologisch bestimmten Ordnung abhängig oder gar durchsetzbar.“
Man müsse „einen neuen nächsten Schritt in der Entwicklung unseres Bistums gehen und dabei nicht nur die Veränderungsprozesse von Sozialformen kirchlichen und christlichen Lebens erfahren, sondern auch der Erkenntnis- und Bekenntnisformen des Glaubens an den lebendigen Jesus Christus besser verstehen lernen, dann ist das eine Einladung, sich der Dynamik des Heiligen Geistes, der von Anfang an das Leben der Kirche durchzieht und bestimmt, neu und aufmerksam zu stellen“.
Die „zu entwickelnden Strukturen müssen in die Mitte führen“, forderte der Bischof von Essen. Christen hätten also die Aufgabe, „zu evangelisieren, weil sie vom auferstandenen, verwundeten Christus berührt sind, der sie mit Geist und Kraft ausstattet, um das Evangelium zu leben. Christ zu sein, bedeutet, die eigentliche Berufung der Kirche und ihre tiefste Identität, nämlich zu evangelisieren und zu missionieren, mit der Verkündigung des Evangeliums zu verbinden und so eine Kirche in missionarischer Umgestaltung zu sein.“
Im Bistum Essen leben laut jüngsten Zahlen fast 640.000 Katholiken, organisiert in 40 Pfarreien. Allerdings praktizieren nur etwa 33.000 Katholiken auch ihren Glauben, indem sie sonntags zur Messe gehen, was einem Anteil von 5,1 Prozent aller Katholiken der Diözese entspricht. Seit 2015 gab es nur neun Priesterweihen im Bistum Essen – 2024 und 2025 gar keine mehr. Overbeck ist seit 2009 für das Bistum Essen verantwortlich.
Bis zum Jahr 2040 erwartet die Diözese nur noch weniger als 30 Priester im aktiven Dienst. „Nach aktuellen Hochrechnungen gehen wir davon aus, dass im Jahr 2030 noch rund 70 Diözesanpriester in der Seelsorge in unserem Bistum tätig sein werden“, sagte der Ressortleiter Kirchenentwicklung, Markus Potthoff, im Jahr 2023. „2040 sogar nur noch weniger als 30.“