30. Mai 2025
CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden siebten Sonntag der Osterzeit.
Am kommenden Sonntag lässt uns das Evangelium (Joh 17,20–26) den letzten Abschnitt des „hohepriesterlichen Gebets“ Jesu hören, das in der Erzählung des Johannes den Abschluss der Reden beim Letzten Abendmahl bildet.
Jesus bittet den Vater um Einheit für seine Kirche. Aber aufgepasst: Der Herr bittet nicht einfach, dass die Seinen untereinander eins seien – auch ein Heer, eine Partei, sogar eine Terrorgruppe kann „eins“ sein. Jesus sagt: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein.“
Die Einheit der Kirche ist Einheit in Christus und mit Christus im Vater. Alle Wohltaten der Erlösung haben keine andere Quelle: Sie kommen uns zu durch unsere Verbindung mit ihm. Die Vergebung der Sünden in seinem Blut, das durch unsere Adern fließt; die Ausgießung des Heiligen Geistes, der sein Odem ist, der in uns atmet; das ewige Leben, das sein Leben ist, das von uns gelebt wird; das Priestertum, die Erhörung von Gebeten, die Gnade der Tugenden und Gaben, die Wirksamkeit unseres Handelns in der Welt. All das und alles andere Gute kommt zu uns aus unserer Vereinigung mit Jesus Christus und in ihm mit dem Vater.
Jesus ist eins mit dem Vater per Natur und eins mit uns durch die Gnade, an der er uns teilhaben lässt. Uns, die wir getauft sind, um mit ihm einen Leib zu bilden. Uns, die wir gezeichnet sind mit dem Siegel seines Geistes und genährt von seinem Leib und seinem Blut.
Es versteht sich also, dass die Einheit nicht unser Werk ist. Daher bittet Jesus den Vater darum. Und er bittet darum, weil sie unverzichtbar ist, weil sie das einzige Zeichen der Glaubwürdigkeit ist, weil sie der sichtbare Ausdruck der Nächstenliebe ist. Aber sie ist nicht unser Werk. Wir können sie – und müssen sie – nur wollen. Deshalb müssen wir uns zuallererst mit dem Gebet Jesu vereinen und dann wachsam sein gegenüber dem, was die Einheit behindert.
In diesem Zusammenhang gibt es eine Passage aus dem Jakobusbrief (4,1–7), die unsere Lage beleuchtet: „Woher kommen die Kriege bei euch, woher die Streitigkeiten? Doch nur vom Kampf der Leidenschaften in eurem Innern. Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in eurer Leidenschaft zu verschwenden. […] Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade.“
Alle bösen Wünsche behindern sicherlich die Einheit, vor allem aber tut dies der Stolz, der die Einheit mit Christus besonders behindert, weil er uns annehmen lässt, wir müssten uns durch unsere eigenen Verdienste retten, und uns deshalb abwechselnd in Anmaßung oder Verzweiflung stürzt.
In der zweiten Lesung (Offb 22,12–20) erinnert uns der Herr an unsere Verantwortung, indem er sagt: „Siehe, ich komme bald und mit mir bringe ich den Lohn und ich werde jedem geben, was seinem Werk entspricht.“
Doch am Ursprung des Lohns steht die Gabe, die es uns ermöglicht, Werke der Einheit und des Friedens zu vollbringen: „Wer durstig ist, der komme! Wer will, empfange unentgeltlich das Wasser des Lebens!”
In der ersten Lesung (Apg 7,55–60) sehen wir, auf welche Weise der Herr seinen Jüngern den Lohn gibt: Stephanus bleibt die Steinigung nicht erspart, aber der Himmel öffnet sich für ihn und die Herrlichkeit Gottes nimmt ihn auf. Und wir sehen auch, auf welche Weise der Herr die Einheit seiner Kirche erbaut, weil wir wissen, dass aus dem jungen Saulus, einem Verfolger, der Apostel Paulus wird, der ebenfalls sein Leben für Christus geben wird.
Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
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