17. Mai 2025
In der Katechese vom 10. Dezember 1980 (veröffentlicht in L’Osservatore Romano 80/51–52) setzt Johannes Paul II. die Darlegungen über die Reinheit des Herzens fort. Er betont den „grundlegenden Sinn der Reinheit“ und zeigt auf, dass der lüsterne Blick, der in Mt 5,28 als „Ehebruch“ bezeichnet wird, den „Gegensatz zur Reinheit“ darstellt. Christus sehe im Herzen des Menschen den „Ursprung der Reinheit“, zugleich aber auch die „sittliche Unreinheit“.
Wie ist der Begriff Reinheit zu verstehen? Johannes Paul II. führt aus: „Wenn wir von ‚Reinheit‘ und ‚rein‘ in der nächstliegenden Bedeutung dieser Begriffe sprechen, meinen wir den Gegensatz zum Unsauberen, Schmutzigen. Beschmutzen heißt unsauber machen oder beflecken.“
Im Alten Bund bestand eine juridisch-religiöse Tradition, die zu einem „falschen Verständnis“ der „sittlichen Reinheit“ geführt habe. Die Propheten forderten eine Bekehrung des Herzens und die „Redlichkeit“ gegenüber Gott, für den Psalmisten war der Mensch außerstande, sich zu bekehren: „Nach der Überlieferung der Priesterschrift ist sich der Mensch seiner tiefen Sündhaftigkeit bewusst; nicht in der Lage, die Reinigung mit eigenen Kräften zu vollziehen, bittet er Gott, jene Umwandlung des Herzens zu bewirken, die allein Werk seines schöpferischen Tuns sein kann: ‚Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz […] wasche mich, dann werde ich weißer als Schnee […] ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verschmähen‘ (Ps 51,12.9.19).“
Interpretiert wurde dies oft äußerlich und materiell: „Dem trat Christus radikal entgegen: nicht, was ‚von außen‘ kommt, macht den Menschen unrein, kein ‚materieller‘ Schmutz macht den Menschen im sittlichen, das heißt inneren Sinn unsauber. Keine Waschung, auch keine rituelle kann von sich aus die sittliche Reinheit bewirken. Diese hat ihre ausschließliche Quelle im Inneren des Menschen: sie kommt aus dem Herzen.“
Die „Tugend der Reinheit“ begrenzt der Herr nicht auf die allgemeine Moral- und Sittenlehre oder als Korrektiv zu Gesetzesübertretungen, sondern er spricht von dem „moralischen Übel“ überhaupt: „Daraus geht hervor, dass der Begriff der ‚Reinheit‘ und der ‚Unreinheit‘ im moralischen Sinn vor allem ein allgemeiner und kein spezifischer Begriff ist: für den jedes sittlich Gute Ausdruck der Reinheit und jedes sittlich Schlechte [Ausdruck] der Unreinheit ist.“
Die Seligpreisungen könnten in einem allgemeinen, aber auch in einem besonderen Sinn, bezogen auf den Bereich der Beziehung zwischen Mann und Frau, verstanden werden. Entfaltet wird dies sowohl im ersten Johannesbrief, in dem unterschieden wird zwischen dem, was von Gott kommt, und dem, was aus der Welt, wie die „Begierde der Augen, Begierde des Fleisches und Prahlen mit dem Besitz“.
Bei Paulus tritt eine neue Präzisierung auf, wenn er die „Spannung zwischen dem ‚Fleisch‘ und dem ‚Geist‘ (gemeint ist der Heilige Geist)“ benennt. Johannes Paul II. zitiert aus dem Brief an die Galater: „Darum sage ich: Lasst euch vom Geist leiten, dann werdet ihr das Begehren des Fleisches nicht erfüllen. Denn das Begehren des Fleisches richtet sich gegen den Geist, das Begehren des Geistes aber gegen das Fleisch; beide stehen sich als Feinde gegenüber, so dass ihr nicht imstande seid, das zu tun, was ihr wollt“ (Gal 5,16–17).
Er schlussfolgert mit Paulus, dass das Leben, das sich an der Weltlichkeit der Begierde orientiert, einen diametralen Gegensatz darstellt zu einem geisterfüllten Leben und zitiert dazu den Brief an die Römer: „Denn alle, die vom Fleisch bestimmt sind, trachten nach dem, was dem Fleisch entspricht, alle, die vom Geist bestimmt sind, nach dem, was dem Geist entspricht“ (Röm 8,5).
In der scharfen Unterscheidung des heiligen Apostels Paulus wird einerseits die Klarheit des Erkennens sichtbar, andererseits wird deutlich, dass die „Reinheit des Herzens“ unauflöslich verknüpft ist mit einer vom Heiligen Geist erfüllten Lebensweise, von einem „Leben aus dem Geist“, damit auch mit einer Abkehr von allen dämonischen Verlockungen der Weltlichkeit.
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